Klettern am anderen Ende der Welt
- Climbing Down Under
Text Thomas Haslwanter; Fotos Thomas &
Christian Haslwanter
Australische Abenteuer
Eigentlich war der 24. Dezember als
Rasttag geplant: gemütlich in Arapiles im Schatten liegen, ein Buch
lesen, und Zwischendurch eine Runde Hacky-Sack mit ein paar anderen
Kletterern. Und am Abend dann am Lagerfeuer sitzen, mit einem Sixpack
Coopers, dem vielleicht besten Bier der Welt. Fehlanzeige. Natürlich
konnte ich nicht widerstehen, als ein Freund mich fragte, ob ich Interesse
an Kachoog hätte: eine Traumtour, mit einem 5m-Dach 100 m über
dem Boden, und nur 21 (VII). Als ich dann allerdings im Überhang
beschloss, meine schwindenden Kräften besser zum Vorwärtskommen als
zum Sicherungslegen zu verwenden, und dann an der Dachkante am Ende
meiner Kräfte feststellte, daß der im Führer versprochene Haken nicht
auf mich gewartet hatte, sondern bereits mit einem anderen „Liebhaber“
verschwunden war, wurde aus einer stilvollen Begehung ein spektakulärer
Superswing, der dann am Abend angemessen zur Unterhaltung am Lagerfeuer
beitrug.
Australische Gastfreundschaft
Als ich ein paar Tage später zurück
nach Sydney mußte und einer Kletterpartnerin, die ich erst kurz zuvor
kennengelernt hatte, erzählte, daß mir in Sydney noch ein paar Töpfe
und Pfannen fehlen, drückt mir diese zu meiner großen Überraschung
ihren Wohnungsschlüssel in die Hand. Ich soll mir doch aus ihrer Wohnung
nehmen, was immer ich brauche. Wenn sie dann auch wieder in Sydney
sei, könnten wir ja sehen, was sie zurück haben wolle.
Australien ist anders. Klar, man kann
auch nur zum Klettern runterfliegen: Rund 3000 Routen gibt es in Arapiles
und den Grampians. Weitere 2500 Routen findet man in und um Sydney.
Und dazu gibt es noch kleinere Kletterperlen wie Nowra, ca. 200 km
südlich von Sydney. Was aber meine 2 1/2 Jahre in Australien zu einem
unvergeßlichen Erlebnis gemacht hat war nicht nur das Klettern über
dem Meer oder an goldfarbenen Sandsteinabbrüchen, die Schnorcheleien
am Barriere-Riff, oder die tagelangen einsamen Wanderungen an der
Südküste Tasmaniens. Die Faszination Australiens liegt auch in der
Exotik von Tieren und Pflanzen (Känguruhs statt Kühe, und Bäume die
von droben nach drunten wachsen), und nicht zuletzt in den Menschen:
Australier haben eine Offenheit, Gemütlichkeit und Großzügigkeit,
die ich nach meiner Rückkehr nach Europa lange vermißt habe.
Klettern in Sydney
Hat man nach dem langen Flug den schlimmsten
Jetlag mal hinter sich gebracht, und möchte noch ein paar Tage lang
die Faszination Sydneys genießen, so findet man für diese Zeit bereits
im Stadtgebiet eine Menge von Klettermöglichkeiten. Gute Bouldermöglichkeiten
bieten sich z.B. in Lindfield, mit dem Zug und einem kurzen
Fußmarsch in einer knappen Stunde vom Hauptbahnhof aus zu erreichen.
Dort kann es einem durchaus passieren, daß man sich nach einem verzweifelten
Ausstiegszug plötzlich Auge in Auge mit einem der vielen einheimischen
Papageien findet. Fortgeschrittene, die weniger an bunten Vögeln und
mehr an harten Moves interessiert sind, finden in Sissy Crag
ein reiches Betätigungsfeld, wo man den Boden nur verläßt wenn man
den VIII. Grad beherrscht.
Mehr Nervenkitzel und Abenteuer findet
man am North-Head, dem nördlichen Ende der Hafeneinfahrt von
Sydney. Neben einem grandiosen Blick auf die Skyline von Sydney findet
man hier an den knapp 100m hohen Klippen auch The Fear (17)
und die Boltladder (21). Die Bewertung von The Fear, laut Kletterführer
"scarier than many routes twice its grade", mit 17 ist recht
optimistisch, denn die Schlüsselstelle ist glatt 19 - willkommen an
den Seacliffs!. Beide Routen bieten Abenteuerklettern durch gewaltige
Überhänge in grandioser Umgebung. Wenn der Adrenalinspiegel bei diesen
beiden Routen selbst für australische Verhältnisse recht hoch steigt,
so ist Klettern in Australien doch im allgemeinen ziemlich anspruchsvoll.
Sicherer Umgang mit Klemmkeilen und Friends sollte, besonders für
die Klettereien in Arapiles und den Blue Mountains, eine Grundvoraussetzung
sein. Auch sind australische "bolts" nicht mit europäischen
Bohrhaken gleichzusetzen. Die Übersetzung von "bolt" ist
"Schraube", und in der Tat sind die meisten bolts einfach
große Schrauben, die ohne Abdichtung in vorgebohrte Löcher im weichen
Sandstein gehämmert wurden. Die sogenannten "bolt plates",
die Ösen, die benötigt werden um das Seil einhängen zu können, werden
von Kletterer selbst mitgenommen. Das kann zuweilen auch die spannendste
Route noch ein wenig aufregender machen, da man ja nicht nur den Karabiner
in den Haken hängen sondern dabei auch noch aufpassen muß, daß man
dabei das Bolt-plate nicht von der Schraube runterschubst. Wegen
dieser Mitführpflicht von Bolt-plates kann man auch die bunten Mini-Chalkbags,
die man in Europa gewöhnt ist, gleich zu Hause lassen kann, und besser
australische Chalkbags im klassischen Haulbag-Format verwenden, damit
man für die Bolt-plates genügend Platz hat.
Eine weniger furchteinflößende Einführung
in die Kletterei an den Seacliffs kann man direkt in Sydney an der
Diamond Bay finden. Diese Bucht ist so gelegen, daß man beim
Klettern völlig vergessen kann, daß man praktisch mitten in der Stadt
ist. Für Anfänger bietet The Corner (16) eine interessante
Piaz-Verschneidung, und an der Wand gegenüber legt Gloucester
Buckets (20) eine überraschend leichte Henkel-Tour durch die kurze,
senkrechte Wand. Mompox und What'll the Neighbours Think
(beide 23) erfordern recht trickreiche, interessante Bewegungskombinationen
("rechter Fuß zur rechten Hand, und dann aufstehen" ist
in Mompox ernst gemeint!). Und Aufnahmen von Kletterern in der nicht
ganz leichten Ordeal by Fur (25) sind nicht nur für
Bildbände, sondern auch für Werbeaufnahmen sehr beliebt.
Die Blue Mountains
Ungefähr 130 km westlich der Küste
erhebt sich eine langgestreckte, nord-südlich orientierte Hügelkette
mit Erhebungen von bis zu gut 1000 m. Aufgrund des bläulichen Dunstes,
den die Eukalyptusbäume dort während des Sommers verströmen, werden
diese Hügel Blue Mountains genannt. Zu einem großen Teil bilden
die Blue Mountains ein Hochplateau, dessen 20-200 m hohe Steilabbrüche,
die ersten Siedler bei ihrem Vorstoß ins Landesinnere lange vor ein
nahezu unlösbares Problem stellten: diese Felsbarriere verhinderte
für einige Zeit den Vorstoß in den erhofften goldenen, in der Tat
aber staubtrockenen Westen. Genau diese goldfarbenen, meist senkrechten
und kilometerlangen Abbrüche bieten heute die ausgiebigsten Klettermöglichkeiten
vor den Toren Sydneys. Die Größe des Gebietes und die kleine australische
Kletterszene führen dazu, daß man trotz der guten Zugänglichkeit -
viele der Gebiete sind sehr gut mit der Bahn zu erreichen - nur selten
viele Leute antrifft. Gute, leicht zugängliche Klettermöglichkeiten
hat man um Blackheath und Mt. Victoria. Upper Shipley zum Beispiel,
ca. 10 Gehminuten von der Bahnstation in Blackheath entfernt, bietet
gut gesicherte Touren in mittleren Schwierigkeitsbereich (18 - 24).
Besonders erwähnenswert sind hier Gallows Humor (21),
wo der erste Griff - ein Henkel in einem Überhang - angesprungen
werden muß, und die eindrucksvollen Wandklettereien War babies
und These people are sandwiches (beide 22). Das Beste
an Upper Shipley ist aber die grandiose Aussicht in das Jamison
Valley. Bezahlt wird diese allerdings gelegentlich mit heftigen
Winden, was zur Empfehlung Hold on to your hats (18) geführt
hat. Während man in Shipley bei gutem Wetter auch mitten im Winter
noch klettern kann, bietet sich für heiße Sommermonate direkt anschließend
das idyllische Centennial Glen mit einer Handvoll toller Routen
von Billy Bunter (19) bis zur klassischen Alpha Leather,
dem ersten 30-er in New South Wales, an. Wer die oberen Schwierigkeitsgrade
bevorzugt, sollte noch ein paar Meter weiter zur Wave Wall
gehen, wo es ab ca. 23 so richtig losgeht.
Eine Zugstation weiter westlich bietet
Mt. Victoria guten Zugang zum Mt. Piddington. Dieses Gebiet
bietet dem Genießer leichter bis mittelschwerer Routen (12 - 24) ein
reichhaltiges Angebot: Wandklettereien (Tombstone Wall, der
vielleicht schönsten 15-er in Australien), exponierte Kanten (On
Edge, 21), und klassische, lange Risse (The Eternity, 21,
wobei oft nur die 1. Seillänge, 18, geklettert wird). In Piddington
sollte man, wie bei den meisten australischen Gebieten, den Umgang
mit Keilen und Friends gut beherrschen. Klettern ist hier noch Abenteuer,
was sich auch in den gelegentlich makabren Routennamen widerspiegelt.
Sollte man ein Fahrzeug besitzen, so
ist von Mt. Victoria ein Abstecher zu Mount York mit seinen
rund 150 Routen empfehlenswert. Abgesehen von der historischen Bedeutung
dieses Ortes, wo 1814 die erste "Straße" über die Blue Mountains
eröffnet wurde, ist auch der Ausblick von Mt. York einmalig. Wenn
man die Muße besitzt, bis zum Sonnenuntergang hier zu bleiben, kann
man oft die Schreie des „Laughing Kookoburra“ zu hören bekommen, die
wie das Gelächter einer verrückten Hexe klingen, und gelegentlich
auch ein Känguruh sichten. Die recht ausgiebigen Felsen um Mt. York
bieten sich mehr zum Genußklettern an: The Obituary (14) bietet
eine auch für Anfänger genießbare, eindrucksvolle Verschneidung; in
Aunty Jack (19) findet man die im Führer versproche genußvolle
Kletterei - die „gute Absicherung“ in der Routenbeschreibung heißt
aber nur, daß man gute Keile legen kann, nicht, daß bereits etwas
steckt. Die Routen ab ca. 20 sind dann meist mit Bolts abgesichert:
The Return of the Toe Cutter Gang und Atomic Punks
( beide 21) sind dabeit sehr empfehlenswert, und Exhibition Wall
(auch 21) ist ein absolutes Muß. Für Exhibition Wall gilt das alte
amerikanische Sprichwort "It's not over till the fat lady sings"
- der letzten Zug ist eine der Schlüsselstellen dieser Route.
Wenn irgendwie möglich, sollte ein
Aufenthalt in den Blue Mountains auch einen Abstecher ins Cosmic
County beinhalten. Zugänglich gemacht durch eine "dirt road",
bei der "dirt" außer Frage steht, die Auszeichnung "road"
aber gelegentlich heftig diskutiert wird, bietet Cosmic die vielleicht
schönsten Klettereien in den Blue Mountains. Obwohl Essen, Trinken
und Wasser mitgebracht werden müssen, zelten viele Leute oft für einige
Tage am "Parkplatz", um sich die unangenehme Zufahrt zu
ersparen. Geklettert wird hier erst seit 1978, und so richtig los
geht es erst ab 18. The 80 Minute Hour (18 - außer dem Einstiegszug)
ist eine Pflichtroute zum Aufwärmen. Für Interstate 31, gleich
um die Ecke, gleich bewertet, und mindestens gleich schön, seien eine
gute Klemmtechnik und eine ganze Reihe von Friends und Keile mittlerer
Größe empfohlen. Phantastische, senkrechte Wandkletterei findet man
z.B. in Barbarossa (21). Fortgeschrittenen „Kämpfern“ seien
die Walking Wounded (23) wärmstens empfohlen. Ein Blick in
den Führer gibt dabei einen Einblick in die australische Klettermentalität:
"... clip the first bolt (übrigens in 5 m Höhe) with
a wire ..." - dazu schiebt man das Metallstück von einem
mittleren Klemmkeil zurück und hängt das Metallkabel dann über den
Bolt. Ist man groß genug, so kann man das Metallstück dann noch ein
wenig hochschieben, damit das Ding nicht gleich von selbst vom Bolt
runterschlüpft .... Übrigens, trotz der manchmal martialischen Routenbezeichnungen
sind interessanterweise bei den Australiern oft die Verlierer die
wahren Helden, nicht die Sieger. So wird zum Beispiel mit dem australischen
Nationalfeiertag, „Anzac Day“, nicht wie in anderen Ländern ein freudiges
Ereignis zelebriert, sondern man gedenkt der Schlacht um Gallipoli
(an den Dardanellen), eines der größten Gemetzel unter australischen
Soldaten im ersten Weltkrieg.
Nowra - Sportklettern und Seeklippen
Nach - oder vielleicht auch statt -
einem Besuch der Blue Mountains empfiehlt sich ein Abstecher nach
Süden. Nach einer ca. 200 km langen Fahrt durch die malerischen Küstengegend
südlich von Sydney kommt man nach Nowra, wo Kletterer ab dem
18. Schwierigkeitsgrad ein regelrechtes Paradies vorfinden. Das Zentrum
der Aktivitäten bildet Thompson Point, direkt am Shoalhaven
River und ca. 5 km außerhalb der Stadt. Da man sich hier wieder auf
Meeresniveau befinden, und Thompson Point auch noch recht windgeschützt
liegt, ist dieses Gebiet vor allem für Herbst bis Frühling (d.h. von
März bis November) zu empfehlen. Nowra ist ein recht junges Gebiet,
und die Entwicklung ist mehr von harten Zügen als von harten Männern
geprägt. Wenn man auch hier auf Bolt-plates in vielen Routen noch
nicht verzichten kann, so sind doch Friends und Keile fürs Überleben
lange nicht mehr so nötig wie in den Blue Mountains. Die Routen in
Nowra sind fast durch die Bank nur eine Seillänge, und bieten oft
gleichbleibende Schwierigkeiten vom Einstiegs- bis zum Ausstiegszug.
Up the Alley (21) bietet vielfältige Wandkletterei,
Still life with Chalkbag (23), eine meiner Lieblingsrouten, geht
kerzengerade eine leicht überhängende Kante hoch, und Clinging
to Porcellaine (23) führt gleich horizontal an einer überhängenden
Nase raus (der Routenname ist übrigens eine Anspielung auf die australische
Beschreibung für das „weiße Becken“, an das man sich nach übermäßigem
Alkoholkonsum oft klammert). Noch anstrengender ist Cowboy Junkies
(25), wo ein mit 45 Grad überhängender Abschnitt an die anfangs horizontale
Kletterei anschließt. Dieses Gebiet ist steiiiil! Exotische
Vogelstimmen wie die des „Whipbird“, bei denen die Männchen ihre weiblichen
Artgenossen durch peitschenschlagähnliche Laute zu becircen versuchen,
runden das Gesamterlebnis ab.
Als sich nach meinem letzten Nowra-trip
die von den Überhängen ausgepumpten Arme auf der Fahrt zurück in die
Stadt gerade am Lenkrad verkrampften, wurde ich noch von einem Känguruh
überrascht, das direkt neben der Straße aus dem Stand über einen fast
zwei Meter hohen Zaun in ein Pferdegehege sprang. "Unsere Kühe
können das nicht", ging mir ein interkontinentaler Vergleich
durch den Kopf.
Für Adrenalin-junkies gibt es auch
in der Gegend von Nowra ein volles Angebot: Werden auf Point Perpendicular
nicht gerade von der australischen Marine Schießübungen veranstaltet,
so kann man an den knapp 100 m hohen, absolut senkrechten Seeklippen
nochmals an seiner Klemmkeiltechnik feilen. Die tosende Brandung sorgt
dabei gelegentlich für mehr als genug Nervenkitzel. Aber auch wenn
man mal nicht klettern will, sondern lieber einen Rasttag einlegt:
Lage und Ausblick von "Point Perp" sind grandios.
Der kühle Süden - Arapiles und Grampians
In den Sommermonaten, in denen es in
Nowra und Sydney zu heiß und schwül zum Klettern werden kann, lohnt
sich die Flucht in den kühlen Süden. Geographisch ist Melbourne zwar
gleich weit vom Äquator entfernt wie Rom; aber der nächste Stop nach
Melbourne - sei es per Schiff oder Flugzeug - ist die Antarktis, und
bereits im Spätsommer (ca. März) kann eine der berüchtigten „Southerly
Fronts“ von dort Victoria recht kühle Tage bescheren. Trotzdem, Arapiles
und die Grampians sind die knapp 1000 km lange Anfahrt von
Sydney (und immerhin noch ca. 350 km von Melbourne) wert. Bombenfeste,
oft etwas runde Sandsteinfelsen, die sich aus der umgebenden Ebene
erheben, bieten hier rund 3000 Routen in wirklich allen Schwierigkeitsgraden.
Einzige Voraussetzung sind wieder mal Keile und Friends. Während die
Grampians etwas weniger frequentiert sind, bietet Arapiles eine tolle
Kletterszene. Eine familiäre Atmosphäre, Begeisterung unabhängig davon
ob die begangene Route ein gemütlicher 13-er oder ein knüppelharter
31-er ist, und jede Menge „easy living“. Ich habe bereits Leute getroffen,
die sich eigentlich in 6 Wochen ganz Australien ansehen wollten, aber
statt dessen dann 6 Wochen in Arapiles geklettert sind - und keinen
Tag bereut haben. Sucht man vor allem Routen im IX. bis XI. Grad,
so hat Nowra vermutlich mehr zu bieten als Arapiles. Aber dafür sind
die Stimmung und Umgebung von Arapiles einmalig.
Zum Abschluß möchte ich noch ein Wort
der Warnung aussprechen: der Weg nach Australien ist weit, und nur
zum Abhaken ein paar neuer Routen und zum Sammeln von „frequent flier
miles“ zahlen sich die vielen Flugstunden nicht aus. Schönen Fels
und tolle Routen gibt es auch in Europa zuhauf. Wenn man aber sein
Blickfeld ein wenig öffnet, und neben den Felsen auch noch die exotischen
Pflanzen und Tiere sieht , die Gastfreundschaft der Australier, und
vielleicht auch die Kultur der Aborigines, dann bietet Australien
mehr als nur eine Entschädigung für die Strapazen einer modernen Reise
ans andere Ende der Welt.
Infos
Anreise
Aus Zeitgründen kommt für die meisten
von uns nur der Flugweg in Frage. Um in dieses gelobte Land zu kommen,
muß zuerst ein Visum ergattern, dann satte 22 Stunden im Flugzeug
verbringen, und sich kurz vor der Landung auch noch mit Desinfektionsmitteln
ansprühen lassen! Bei wenig Zeit und einem reinen Klettertrip nach
Arapiles und den Grampians sollte man Melbourne als Ausgangsort in
Erwägung ziehen, anderenfalls auf alle Fälle Sydney. Die Reisekosten
sind jahreszeitabhängig, und belaufen sich größenordnungsmäßig auf
ca. 2000.- DM. Tip: Tretet auf alle Fälle einem „Frequent flier“-Programm
der gewählten Fluglinie bei; es kostet nichts, und der Weg ist so
weit, daß die angesammelten Flugmeilen oft schon fast für einen Gratisflug
in Europa ausreichen.
Jahreszeit
Wandern und Klettern in Tasmanien bleibt
am besten auf den Sommer beschränkt. Fürs Klettern in Victoria (Arapiles
und Grampians) ist November bis März vermutlich die beste Jahreszeit.
Nicht vergessen, von Melbourne geht es direkt rüber zur Antarktis,
und eine Kaltfront von dort kann auch den April (d.h. Herbst) dort
schon sehr ungemütlich machen. Um Sydney kann man im Prinzip das ganze
Jahr über klettern. Allerdings ist es im Winter (um August) in den
Blue Mountains nur bei wirklich schönem Wetter interessant, und im
Sommer an den Seacliffs und in Nowra oft zu heiß. Für einen längeren
Kletteraufenthalt wäre z.B. ein Trip von Oktober bis Dezember empfehlenswert,
mit Start in Sydney und Ende in Melbourne. Will man weniger Klettern
und mehr Zeit für Kakadu im tropischen Norden, das Barriere-Riff
oder das Zentrum Australiens verwenden, so sollte man das nicht
im australischen Sommer tun. Dann ist es nämlich im Zentrum oft heiß
(Dezember - Januar), und im Norden ist es tierisch schwül und gibt
oft Quallen, sodaß man gerade bei der größten Hitze nicht im Meer
schwimmen gehen kann (Oktober - März).
Unterkunft
Für den Aufenthalt in Sydney können
die Jugendherbergen in Glebe, einem Stadtteil nahe der Sydney
University empfohlen werden. Glebe bietet jede Menge netter Cafés,
eine Unzahl von internationalen Restaurants (von griechisch über indisch
bis russisch, von Pizza bis „Haut Cousine“), Kneipen mit Live-musik,
und alles in allem eine tolle, entspannte Atmosphäre. In den Blue
Mountains kann man entweder in Katoomba in einer Jugendherberge übernachten,
oder in Mount Victoria im "Imperial Hotel", das auch ein
vorzügliches "apres-climb" Pub hat. Campieren ist nur beschränkt
möglich. Im Gegensatz dazu bietet Nowra mehrere offizielle Campingplätze,
und auch erschwingliche, angenehme Motels. In Arapiles kommt nur campieren
in Frage, dafür aber auf einem super Zeltplatz.
Transport
Mehrere Klettergebiete in und um Sydney
sind mit öffentliche Verkehrsmitteln gut erreichbar: Lindfield (Zug),
Diamond Bay (Bus), North Head (Fähre und Bus); und in den Blue Mountains
Upper & Lower Shipley, Centennial Glen Wave Wall, und Piddington
(Zug, ca. 2 Stunden vom Hauptbahnhof). Arapiles kann man zwar auch
mit Zug und ein wenig Autostoppen erreichen; aber zum Einkaufen von
Verpflegung ist man dann doch auf jemanden mit Fahrzeug angewiesen.
Für einen längeren Klettertrip und den Besuch anderer Gebiete könnte
sich daher die vorübergehende Anschaffung eines Fahrzeuges lohnen
(Achtung allerdings: in Australien fahren alle auf der falschen, d.h.
linken Straßenseite!).
Bewertung
Die Australische Schwieriegkeitsbewertung
wurde in den frühen 70-ern von John Ewbank eingeführt, und kommt ohne
“+ “, “ -“, “a“ oder “b“ aus. Gelegentlich findet man einige wilde
Ausreißer, da Mike Law, Vater, Großvater und immer noch dominierender
Kopf der australischen Kletterszene, in seiner Jugend lange glaubte
nur Routen bis 21 klettern zu können. Das Ergebnis: Ordeal by Fur
war z.B. ursprünglich 21, wird in der Zwischenzeit mit 25 bewertet,
und ist auch dafür immer noch nicht leicht. Ansonsten gilt meiner
Ansicht nach in etwa folgende Umrechnung (man sollte vielleicht beachten,
daß ich die unteren Schwierigkeitsgrade leichter gefunden habe als
z.B. in Klettern xx/96 angegeben):
AUS |
13 |
14 |
15 |
16 |
17 |
18 |
19 |
20 |
21 |
22 |
23 |
24 |
25 |
26 |
27 |
28 |
29 |
30 |
31 |
32 |
|
UIAA |
III |
IV |
V |
V+
|
VI- |
VI |
VI+
|
VII- |
VII |
VII+ |
VIII_ |
VIII |
VIII+ |
IX- |
IX |
IX+ |
X- |
X |
X+ |
|
|
|
|
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Ausrüstung
Routen in Nowra und neue oder renovierte
Routen an den Seacliffs sind mit Bohrhaken ausgerüstet. Ansonsten
benötigt man meist „bolt plates“, Ösen für die Bohrhaken. Die Schrauben
sind in der Wand, die Ösen müssen selbst mitgenommen werden. Auch
sollte man auf alle Fälle einen Satz Friends und einen Satz Klemmkeile
mitnehmen. Klemmgeräte mit flexiblem Schaft sind dabei von Vorteil,
da man recht oft nur horizontale Risse zur Absicherung vorfindet.
Infos, Führer, und Anlaufpunkte
Die neuesten Führer, Tips, und die
nötigen Bolt -plates können in den Klettergeschäften in Sydney erworben
werden, die man alle innerhalb von wenigen hundert Metern in der Kent
Street (in der Nähe des Queen Victoria Buildings) findet:
Mountain Design, Mountain Equipment, Paddy Pallin,
und Kathmandu.