Klettern am anderen Ende der Welt
- Climbing Down Under

Text Thomas Haslwanter; Fotos Thomas & Christian Haslwanter

Australische Abenteuer

Eigentlich war der 24. Dezember als Rasttag geplant: gemütlich in Arapiles im Schatten liegen, ein Buch lesen, und Zwischendurch eine Runde Hacky-Sack mit ein paar anderen Kletterern. Und am Abend dann am Lagerfeuer sitzen, mit einem Sixpack Coopers, dem vielleicht besten Bier der Welt. Fehlanzeige. Natürlich konnte ich nicht widerstehen, als ein Freund mich fragte, ob ich Interesse an Kachoog hätte: eine Traumtour, mit einem 5m-Dach 100 m über dem Boden, und nur  21 (VII). Als ich dann allerdings im Überhang beschloss, meine schwindenden Kräften besser zum Vorwärtskommen als zum Sicherungslegen zu verwenden, und dann an der Dachkante am Ende meiner Kräfte feststellte, daß der im Führer versprochene Haken nicht auf mich gewartet hatte, sondern bereits mit einem anderen „Liebhaber“ verschwunden war, wurde aus einer stilvollen Begehung ein spektakulärer Superswing, der dann am Abend angemessen zur Unterhaltung am Lagerfeuer beitrug.

Australische Gastfreundschaft

Als ich ein paar Tage später zurück nach Sydney mußte und einer Kletterpartnerin, die ich erst kurz zuvor kennengelernt hatte, erzählte, daß mir in Sydney noch ein paar Töpfe und Pfannen fehlen, drückt mir diese zu meiner großen Überraschung ihren Wohnungsschlüssel in die Hand. Ich soll mir doch aus ihrer Wohnung nehmen, was immer ich brauche. Wenn sie dann auch wieder in Sydney sei, könnten wir ja sehen, was sie zurück haben wolle.

Australien ist anders. Klar, man kann auch nur zum Klettern runterfliegen: Rund 3000 Routen gibt es in Arapiles und den Grampians. Weitere 2500 Routen findet man in und um Sydney. Und dazu gibt es noch kleinere Kletterperlen wie Nowra, ca. 200 km südlich von Sydney. Was aber meine 2 1/2 Jahre in Australien zu einem unvergeßlichen Erlebnis gemacht hat war nicht nur das Klettern über dem Meer oder an goldfarbenen Sandsteinabbrüchen, die Schnorcheleien am Barriere-Riff, oder die tagelangen einsamen Wanderungen an der Südküste Tasmaniens. Die Faszination Australiens liegt auch in der Exotik von Tieren und Pflanzen (Känguruhs statt Kühe, und Bäume die von droben nach drunten wachsen), und nicht zuletzt in den Menschen: Australier haben eine Offenheit, Gemütlichkeit und Großzügigkeit, die ich nach meiner Rückkehr nach Europa lange vermißt habe. 

Klettern in Sydney

Hat man nach dem langen Flug den schlimmsten Jetlag mal hinter sich gebracht, und möchte noch ein paar Tage lang die Faszination Sydneys genießen, so findet man für diese Zeit bereits im Stadtgebiet eine Menge von Klettermöglichkeiten. Gute Bouldermöglichkeiten bieten sich z.B. in Lindfield, mit dem Zug und einem kurzen Fußmarsch in einer knappen Stunde vom Hauptbahnhof aus zu erreichen. Dort kann es einem durchaus passieren, daß man sich nach einem verzweifelten Ausstiegszug plötzlich Auge in Auge mit einem der vielen einheimischen Papageien findet. Fortgeschrittene, die weniger an bunten Vögeln und mehr an harten Moves interessiert sind, finden in Sissy Crag ein reiches Betätigungsfeld, wo man den Boden nur verläßt wenn man den VIII. Grad beherrscht.

Mehr Nervenkitzel und Abenteuer findet man am North-Head, dem nördlichen Ende der Hafeneinfahrt von Sydney. Neben einem grandiosen Blick auf die Skyline von Sydney findet man hier an den knapp 100m hohen Klippen auch The Fear (17) und die Boltladder (21). Die Bewertung von The Fear, laut Kletterführer "scarier than many routes twice its grade", mit 17 ist recht optimistisch, denn die Schlüsselstelle ist glatt 19 - willkommen an den Seacliffs!. Beide Routen bieten Abenteuerklettern durch gewaltige Überhänge in grandioser Umgebung. Wenn der Adrenalinspiegel bei diesen beiden Routen selbst für australische Verhältnisse recht hoch steigt, so ist Klettern in Australien doch im allgemeinen ziemlich anspruchsvoll. Sicherer Umgang mit Klemmkeilen und Friends sollte, besonders für die Klettereien in Arapiles und den Blue Mountains, eine Grundvoraussetzung sein. Auch sind australische "bolts" nicht mit europäischen Bohrhaken gleichzusetzen. Die Übersetzung von "bolt" ist "Schraube", und in der Tat sind die meisten bolts einfach große Schrauben, die ohne Abdichtung in vorgebohrte Löcher im weichen Sandstein gehämmert wurden. Die sogenannten "bolt plates", die Ösen, die benötigt werden um das Seil einhängen zu können, werden von Kletterer selbst mitgenommen. Das kann zuweilen auch die spannendste Route noch ein wenig aufregender machen, da man ja nicht nur den Karabiner in den Haken hängen sondern dabei auch noch aufpassen muß,  daß man dabei das Bolt-plate nicht von der Schraube runterschubst.  Wegen dieser Mitführpflicht von Bolt-plates kann man auch die bunten Mini-Chalkbags, die man in Europa gewöhnt ist, gleich zu Hause lassen kann, und besser australische Chalkbags im klassischen Haulbag-Format verwenden, damit man für die Bolt-plates genügend Platz hat.

Eine weniger furchteinflößende Einführung in die Kletterei an den Seacliffs kann man direkt in Sydney an der Diamond Bay finden. Diese Bucht  ist so gelegen, daß man beim Klettern völlig vergessen kann, daß man praktisch mitten in der Stadt ist. Für Anfänger bietet  The Corner (16) eine interessante Piaz-Verschneidung, und an der Wand gegenüber legt  Gloucester Buckets (20) eine überraschend leichte Henkel-Tour durch die kurze, senkrechte Wand.  Mompox und What'll the Neighbours Think (beide 23) erfordern recht trickreiche, interessante Bewegungskombinationen ("rechter Fuß zur rechten Hand, und dann aufstehen" ist in Mompox ernst gemeint!). Und Aufnahmen von Kletterern in der nicht ganz leichten Ordeal by Fur  (25) sind nicht nur für Bildbände, sondern auch für Werbeaufnahmen sehr beliebt.

Die Blue Mountains

Ungefähr 130 km westlich der Küste erhebt sich eine langgestreckte, nord-südlich orientierte Hügelkette mit Erhebungen von bis zu gut 1000 m. Aufgrund des bläulichen Dunstes, den die Eukalyptusbäume dort während des Sommers verströmen, werden diese Hügel Blue Mountains genannt. Zu einem großen Teil bilden die Blue Mountains ein Hochplateau, dessen 20-200 m hohe Steilabbrüche, die ersten Siedler bei ihrem Vorstoß ins Landesinnere lange vor ein nahezu unlösbares Problem stellten: diese  Felsbarriere verhinderte für einige Zeit den Vorstoß in den erhofften goldenen, in der Tat aber staubtrockenen Westen. Genau diese goldfarbenen, meist senkrechten und kilometerlangen Abbrüche bieten heute die ausgiebigsten Klettermöglichkeiten vor den Toren Sydneys. Die Größe des Gebietes und die kleine australische Kletterszene führen dazu, daß man trotz der guten Zugänglichkeit - viele der Gebiete sind sehr gut mit der Bahn zu erreichen - nur selten viele Leute antrifft. Gute, leicht zugängliche Klettermöglichkeiten hat man um Blackheath und Mt. Victoria. Upper Shipley zum Beispiel, ca. 10 Gehminuten von der Bahnstation in Blackheath entfernt, bietet gut gesicherte Touren in mittleren Schwierigkeitsbereich (18 - 24). Besonders erwähnenswert sind hier Gallows Humor  (21),  wo der erste Griff - ein Henkel in einem Überhang - angesprungen werden muß, und die eindrucksvollen Wandklettereien War babies und These people are sandwiches  (beide 22). Das Beste an Upper Shipley ist aber die grandiose Aussicht in das Jamison Valley. Bezahlt wird diese allerdings gelegentlich mit heftigen Winden, was zur Empfehlung Hold on to your hats (18) geführt hat. Während man in Shipley bei gutem Wetter auch mitten im Winter noch klettern kann, bietet sich für heiße Sommermonate direkt anschließend das idyllische Centennial Glen  mit einer Handvoll toller Routen von Billy Bunter  (19) bis zur klassischen Alpha Leather, dem ersten 30-er in New South Wales, an. Wer die oberen Schwierigkeitsgrade bevorzugt, sollte noch ein paar Meter weiter zur Wave Wall gehen, wo es ab ca. 23 so richtig losgeht.

Eine Zugstation weiter westlich bietet Mt. Victoria guten Zugang zum Mt. Piddington. Dieses Gebiet bietet dem Genießer leichter bis mittelschwerer Routen (12 - 24) ein reichhaltiges Angebot: Wandklettereien (Tombstone Wall, der vielleicht schönsten 15-er in Australien), exponierte Kanten (On Edge, 21), und klassische, lange Risse (The Eternity, 21, wobei oft nur die 1. Seillänge, 18, geklettert wird). In Piddington sollte man, wie bei den meisten australischen Gebieten, den Umgang mit Keilen und Friends gut beherrschen. Klettern ist hier noch Abenteuer, was sich auch in den gelegentlich makabren Routennamen widerspiegelt.

Sollte man ein Fahrzeug besitzen, so ist von Mt. Victoria ein Abstecher zu Mount York mit seinen rund 150 Routen empfehlenswert. Abgesehen von der historischen Bedeutung dieses Ortes, wo 1814 die erste "Straße" über die Blue Mountains eröffnet wurde, ist auch der Ausblick von Mt. York einmalig. Wenn man die Muße besitzt, bis zum Sonnenuntergang hier zu bleiben, kann man oft die Schreie des „Laughing Kookoburra“ zu hören bekommen, die wie das Gelächter einer verrückten Hexe klingen, und gelegentlich auch ein Känguruh sichten. Die recht ausgiebigen Felsen um Mt. York bieten sich mehr zum Genußklettern an: The Obituary (14) bietet eine auch für Anfänger genießbare, eindrucksvolle Verschneidung; in Aunty Jack (19) findet man die im Führer versproche genußvolle Kletterei - die „gute Absicherung“ in der Routenbeschreibung heißt aber nur, daß man gute Keile legen kann, nicht, daß bereits etwas steckt. Die Routen ab ca. 20 sind dann meist mit Bolts abgesichert: The Return of the Toe Cutter Gang  und Atomic Punks ( beide 21) sind dabeit sehr empfehlenswert, und Exhibition Wall (auch 21) ist ein absolutes Muß. Für Exhibition Wall gilt das alte amerikanische Sprichwort "It's not over till the fat lady sings" - der letzten Zug ist eine der Schlüsselstellen dieser Route.

Wenn irgendwie möglich, sollte ein Aufenthalt in den Blue Mountains auch einen Abstecher ins Cosmic County  beinhalten. Zugänglich gemacht durch eine "dirt road", bei der "dirt" außer Frage steht, die Auszeichnung "road" aber gelegentlich heftig diskutiert wird, bietet Cosmic die vielleicht schönsten Klettereien in den Blue Mountains. Obwohl Essen, Trinken und Wasser mitgebracht werden müssen, zelten viele Leute oft für einige Tage am "Parkplatz", um sich die unangenehme Zufahrt zu ersparen. Geklettert wird hier erst seit 1978, und so richtig los geht es erst ab 18. The 80 Minute Hour (18 - außer dem Einstiegszug) ist eine Pflichtroute zum Aufwärmen. Für Interstate 31, gleich um die Ecke, gleich bewertet, und mindestens gleich schön, seien eine gute Klemmtechnik und eine ganze Reihe von Friends und Keile mittlerer Größe empfohlen. Phantastische, senkrechte Wandkletterei findet man z.B. in Barbarossa (21). Fortgeschrittenen „Kämpfern“ seien die Walking Wounded (23) wärmstens empfohlen. Ein Blick in den Führer gibt dabei einen Einblick in die australische Klettermentalität: "... clip the first bolt (übrigens in 5 m Höhe) with a wire ..." - dazu schiebt man das Metallstück von einem mittleren Klemmkeil zurück und hängt das Metallkabel dann über den Bolt. Ist man groß genug, so kann man das Metallstück dann noch ein wenig hochschieben, damit das Ding nicht gleich von selbst vom Bolt runterschlüpft .... Übrigens, trotz der manchmal martialischen Routenbezeichnungen sind interessanterweise bei den Australiern oft die Verlierer die wahren Helden, nicht die Sieger. So wird zum Beispiel mit dem australischen Nationalfeiertag, „Anzac Day“,  nicht wie in anderen Ländern ein freudiges Ereignis zelebriert, sondern man gedenkt der Schlacht um Gallipoli (an den Dardanellen), eines der größten Gemetzel unter australischen Soldaten im ersten Weltkrieg.

Nowra - Sportklettern und Seeklippen

Nach - oder vielleicht auch statt - einem Besuch der Blue Mountains empfiehlt sich ein Abstecher nach Süden. Nach einer ca. 200 km langen Fahrt durch die  malerischen Küstengegend südlich von Sydney kommt man nach Nowra, wo Kletterer ab dem 18. Schwierigkeitsgrad ein regelrechtes Paradies vorfinden. Das Zentrum der Aktivitäten bildet Thompson Point, direkt am Shoalhaven River und ca. 5 km außerhalb der Stadt. Da man sich hier wieder auf Meeresniveau befinden, und Thompson Point auch noch recht windgeschützt liegt, ist dieses Gebiet vor allem für Herbst bis Frühling (d.h. von März bis November) zu empfehlen. Nowra ist ein recht junges Gebiet, und die Entwicklung ist mehr von harten Zügen als von harten Männern geprägt. Wenn man auch hier auf Bolt-plates in vielen Routen noch nicht verzichten kann, so sind doch Friends und Keile fürs Überleben lange nicht mehr so nötig wie in den Blue Mountains. Die Routen in Nowra sind fast durch die Bank nur eine Seillänge, und bieten oft gleichbleibende Schwierigkeiten vom Einstiegs- bis zum Ausstiegszug. Up the Alley  (21) bietet vielfältige Wandkletterei, Still life with Chalkbag (23), eine meiner Lieblingsrouten, geht kerzengerade eine leicht überhängende Kante hoch, und Clinging to Porcellaine (23) führt gleich horizontal an einer überhängenden Nase raus (der Routenname ist übrigens eine Anspielung auf die australische Beschreibung für das „weiße Becken“, an das man sich nach übermäßigem Alkoholkonsum oft klammert). Noch anstrengender ist Cowboy Junkies (25), wo ein mit 45 Grad überhängender Abschnitt an die anfangs horizontale Kletterei anschließt. Dieses Gebiet ist steiiiil! Exotische Vogelstimmen wie die des „Whipbird“, bei denen die Männchen ihre weiblichen Artgenossen durch peitschenschlagähnliche Laute zu becircen versuchen, runden das Gesamterlebnis ab.

Als sich nach meinem letzten Nowra-trip die von den Überhängen ausgepumpten Arme auf der Fahrt zurück in die Stadt gerade am Lenkrad verkrampften, wurde ich noch von einem Känguruh überrascht, das direkt neben der Straße aus dem Stand über einen fast zwei Meter hohen Zaun in ein Pferdegehege sprang. "Unsere Kühe können das nicht", ging mir ein interkontinentaler Vergleich durch den Kopf.

Für Adrenalin-junkies gibt es auch in der Gegend von Nowra ein volles Angebot: Werden auf Point Perpendicular nicht gerade von der australischen Marine Schießübungen veranstaltet, so kann man an den knapp 100 m hohen, absolut senkrechten Seeklippen nochmals an seiner Klemmkeiltechnik feilen. Die tosende Brandung sorgt dabei gelegentlich für mehr als genug Nervenkitzel. Aber auch wenn man mal nicht klettern will, sondern lieber einen Rasttag einlegt: Lage und Ausblick von "Point Perp" sind grandios.

Der kühle Süden - Arapiles und Grampians

In den Sommermonaten, in denen es in Nowra und Sydney zu heiß und schwül zum Klettern werden kann, lohnt sich die Flucht in den kühlen Süden. Geographisch ist Melbourne zwar gleich weit vom Äquator entfernt wie Rom; aber der nächste Stop nach Melbourne - sei es per Schiff oder Flugzeug - ist die Antarktis, und bereits im Spätsommer (ca. März) kann eine der berüchtigten „Southerly Fronts“ von dort Victoria recht kühle Tage bescheren. Trotzdem, Arapiles und die Grampians sind die knapp 1000 km lange Anfahrt von Sydney (und immerhin noch ca. 350 km von Melbourne) wert. Bombenfeste, oft etwas runde Sandsteinfelsen, die sich aus der umgebenden Ebene erheben, bieten hier rund 3000 Routen in wirklich allen Schwierigkeitsgraden. Einzige Voraussetzung sind wieder mal Keile und Friends. Während die Grampians etwas weniger frequentiert sind, bietet Arapiles eine tolle Kletterszene. Eine familiäre Atmosphäre, Begeisterung unabhängig davon ob die begangene Route ein gemütlicher 13-er oder ein knüppelharter 31-er ist, und jede Menge „easy living“. Ich habe bereits Leute getroffen, die sich eigentlich in 6 Wochen ganz Australien ansehen wollten, aber statt dessen dann 6 Wochen in Arapiles geklettert sind - und keinen Tag bereut haben. Sucht man vor allem Routen im IX. bis XI. Grad, so hat Nowra vermutlich mehr zu bieten als Arapiles. Aber dafür sind die Stimmung und Umgebung von Arapiles einmalig.

Zum Abschluß möchte ich noch ein Wort der Warnung aussprechen: der Weg nach Australien ist weit, und nur zum Abhaken ein paar neuer Routen und zum Sammeln von „frequent flier miles“ zahlen sich die vielen Flugstunden nicht aus. Schönen Fels und tolle Routen gibt es auch in Europa zuhauf. Wenn man aber sein Blickfeld ein wenig öffnet, und neben den Felsen auch noch die exotischen Pflanzen und Tiere sieht , die Gastfreundschaft der Australier, und vielleicht auch die Kultur der Aborigines, dann bietet Australien mehr als nur eine Entschädigung für die Strapazen einer modernen Reise ans andere Ende der Welt.

Infos

Anreise

Aus Zeitgründen kommt für die meisten von uns nur der Flugweg in Frage. Um in dieses gelobte Land zu kommen, muß zuerst ein Visum ergattern, dann satte 22 Stunden im Flugzeug verbringen, und sich kurz vor der Landung auch noch mit Desinfektionsmitteln ansprühen lassen! Bei wenig Zeit und einem reinen Klettertrip nach Arapiles und den Grampians sollte man Melbourne als Ausgangsort in Erwägung ziehen, anderenfalls auf alle Fälle Sydney. Die Reisekosten sind jahreszeitabhängig, und belaufen sich größenordnungsmäßig auf ca. 2000.- DM. Tip: Tretet auf alle Fälle einem „Frequent flier“-Programm der gewählten Fluglinie bei; es kostet nichts, und der Weg ist so weit, daß die angesammelten Flugmeilen oft schon fast für einen Gratisflug in Europa ausreichen.

Jahreszeit

Wandern und Klettern in Tasmanien bleibt am besten auf den Sommer beschränkt. Fürs Klettern in Victoria (Arapiles und Grampians) ist November bis März vermutlich die beste Jahreszeit. Nicht vergessen, von Melbourne geht es direkt rüber zur Antarktis, und eine Kaltfront von dort kann auch den April (d.h. Herbst) dort schon sehr ungemütlich machen. Um Sydney kann man im Prinzip das ganze Jahr über klettern. Allerdings ist es im Winter (um August) in den Blue Mountains nur bei wirklich schönem Wetter interessant, und im Sommer an den Seacliffs und in Nowra oft zu heiß. Für einen längeren Kletteraufenthalt wäre z.B. ein Trip von Oktober bis Dezember empfehlenswert, mit Start in Sydney und Ende in Melbourne. Will man weniger Klettern und mehr Zeit für Kakadu im tropischen Norden, das Barriere-Riff oder das Zentrum Australiens verwenden, so sollte man das nicht im australischen Sommer tun. Dann ist es nämlich im Zentrum oft heiß (Dezember - Januar), und im Norden ist es tierisch schwül und gibt oft Quallen, sodaß man gerade bei der größten Hitze nicht im Meer schwimmen gehen kann (Oktober - März).

Unterkunft

Für den Aufenthalt in Sydney können die Jugendherbergen in Glebe, einem Stadtteil nahe der Sydney University empfohlen werden. Glebe bietet jede Menge netter Cafés, eine Unzahl von internationalen Restaurants (von griechisch über indisch bis russisch, von Pizza bis „Haut Cousine“), Kneipen mit Live-musik, und alles in allem eine tolle, entspannte Atmosphäre. In den Blue Mountains kann man entweder in Katoomba in einer Jugendherberge übernachten, oder in Mount Victoria im "Imperial Hotel", das auch ein vorzügliches "apres-climb" Pub hat. Campieren ist nur beschränkt möglich. Im Gegensatz dazu bietet Nowra mehrere offizielle Campingplätze, und auch erschwingliche, angenehme Motels. In Arapiles kommt nur campieren in Frage, dafür aber auf einem super Zeltplatz.

Transport

Mehrere Klettergebiete in und um Sydney sind mit öffentliche Verkehrsmitteln gut erreichbar: Lindfield (Zug), Diamond Bay (Bus), North Head (Fähre und Bus); und in den Blue Mountains Upper & Lower Shipley, Centennial Glen Wave Wall, und Piddington (Zug, ca. 2 Stunden vom Hauptbahnhof). Arapiles kann man zwar auch mit Zug und ein wenig Autostoppen erreichen; aber zum Einkaufen von Verpflegung ist man dann doch auf jemanden mit Fahrzeug angewiesen. Für einen längeren Klettertrip und den Besuch anderer Gebiete könnte sich daher die vorübergehende Anschaffung eines Fahrzeuges lohnen (Achtung allerdings: in Australien fahren alle auf der falschen, d.h. linken Straßenseite!).

Bewertung

Die Australische Schwieriegkeitsbewertung wurde in den frühen 70-ern von John Ewbank eingeführt, und kommt ohne “+ “, “ -“, “a“ oder “b“ aus. Gelegentlich findet man einige wilde Ausreißer, da Mike Law, Vater, Großvater und immer noch dominierender Kopf der australischen Kletterszene, in seiner Jugend lange glaubte nur Routen bis 21 klettern zu können. Das Ergebnis: Ordeal by Fur  war z.B. ursprünglich 21, wird in der Zwischenzeit mit 25 bewertet, und ist auch dafür immer noch nicht leicht. Ansonsten gilt meiner Ansicht nach in etwa folgende Umrechnung (man sollte vielleicht beachten, daß ich die unteren Schwierigkeitsgrade leichter gefunden habe als z.B. in Klettern xx/96 angegeben):

 

AUS

13

14

15

16

17

18

19

20

21

22

23

24

25

26

27

28

29

30

31

32

 

UIAA

III

IV

V

V+

VI-

VI

VI+

 

VII-

VII

VII+

VIII_

VIII

VIII+

IX-

IX

IX+

X-

X

X+

Ausrüstung

Routen in Nowra und neue oder renovierte Routen an den Seacliffs sind mit Bohrhaken ausgerüstet. Ansonsten benötigt man meist „bolt plates“, Ösen für die Bohrhaken. Die Schrauben sind in der Wand, die Ösen müssen selbst mitgenommen werden. Auch sollte man auf alle Fälle einen Satz Friends und einen Satz Klemmkeile mitnehmen. Klemmgeräte mit flexiblem Schaft sind dabei von Vorteil, da man recht oft nur horizontale Risse zur Absicherung vorfindet.

Infos, Führer, und Anlaufpunkte

Die neuesten Führer, Tips, und die nötigen Bolt -plates können in den Klettergeschäften in Sydney erworben werden, die man alle innerhalb von wenigen hundert Metern in der Kent Street (in der Nähe des Queen Victoria Buildings) findet: Mountain Design, Mountain Equipment, Paddy Pallin, und Kathmandu.

Thomas Haslwanter, Last modified 2 May, 2012